Ausstellung Prometheus - Revolutionär und Hoffnungsträger
Von Maik Fischer
Schleusingen - Besser hätte der Zeitpunkt nicht gewählt sein können. Fast auf den Tag genau 20 Jahre nach Grenzöffnung, öffnete am vergangenen Freitagabend im Künstlerhof Roter Ochse in Schleusingen die Ausstellung "Prometheus 1982 - Zensierte Kunst aus der ehemaligen DDR".
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Roland Rittig (li.) und der junge Regisseur Marc Lippuner, Stipendiat im Künstlerhof, gestalteten die Vernissage. Letzterer las Texte von Goethe. Foto: frankphoto.de Bild: |
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In Zusammenarbeit mit dem Museum des Schloss Moritzburg Zeitz, entführt die Künstlerhofstiftung den Besucher in die beginnende Spätphase des Kalten Krieges. Gezeigt werden Graphiken und literarische Texte zu Goethes Prometheus, dessen revolutionäre Tat den Menschen gegen den Willen der Götter endloses Leid, aber auch wissenschaftlichen und technischen Fortschritt und Kulturvielfalt bescherte. "Wie muss die Gesellschaft für ein moralisches Wesen geschaffen sein? Was ist Kultur und was kann sie bewegen?", fragte Roland Rittig vom Museum Schloss Moritzburg gleich zu Beginn seiner Eröffnungsrede ins Publikum. Der Kulturwissenschaftler verwies in diesem Zusammenhang auf die Notwendigkeit einer neuen Auseinandersetzung mit dem breitgefächerten Kulturbegriff, der "eben nicht nur Castingshows, Carmen im Nebel oder Florian Tellereisen" einschließe. "Wir kommen vor lauter Schunkeln nicht mehr aus unserem Unterhaltungsdelirium heraus", kritisierte er den heutigen Umgang mit Kultur, insbesondere in den Medien.
Zwischen den Welten
Seit 1982 gehört Rittig zu den Initiatoren der Prometheus-Mappe, an der sich zahlreiche bildende und textende Künstler der damaligen DDR beteiligten. Deren individuelles in Szene setzen von Prometheus, dem Freund und Kulturstifter der Menschheit, war nicht nur ein Hinweis auf Hoffnungen und Ängste innerhalb des Gesellschaft, es übte auch Kritik am totalitären DDR-System und der angespannten Lage in einer politisch zweigeteilten Welt. "Die Arbeiten drücken einerseits Optimismus, andererseits Zukunftslosigkeit aus", bemerkt Rittig mit Blick auf eine Graphik von Werner Tübke, die einen stolzen Prometheus zeigt, der mit einer Kerze in der Hand vor einem der Herrschenden steht. "Der Schein des Kerzenlichtes drückt letzteren regelrecht weg", beschreibt Rittig die Situation. "Eine Verbindung zu den Lichterketten zur Wendezeit und deren Wirkung auf das System lässt sich daraus herstellen." Schon Goethe wusste, dass er die Obrigkeit mit seinem Gedicht von Prometheus kritisieren und somit provozieren würde - nur wurde dieses nach seiner Entstehung im Jahr 1773 nicht verboten.
Werk verschwand in Archiven
"Die Funktionäre erwarteten von uns ein glattes, geschlossenes Werk. So etwas wie den Säulenheiligen der Arbeiterklasse oder den Erfinder des Wohnungsbaus", sagte Rittig. Beiträge wie der des Graphikers Falko Behrendt, wurden von ihnen besonders abgelehnt: Prometheus als verkrüppelte Marionette im Scheinwerferlicht eines Fernsehstudios. Als Wissenschaftler, der vor laufender Kamera die Wirkung einer Neutronenbombe diskutiert. Behrendts künstlerischer Kommentar auf die intensivste Phase des militärischen Wettrüstens zwischen Ost und West zu Beginn der 1980er Jahre. Die Verantwortlichen im Kulturbund der DDR konfiszierten schlussendlich das eigens von ihnen in Auftrag gegebene und mit 150 000 Ostmark finanzierte Jubiläumswerk zum 150. Todestag Johann Wolfgang von Goethes, weil es ihrem politischen Idealismus nicht entsprach. Das als Impulsgeber für die Auftragspolitik des Kulturbundes und Anreger einer öffentlichen Debatte gedachte Projekt, verschwand in den Archiven des Staatsapparates.
Nach mehreren in- und ausländischen Stationen, ist die Ausstellung nun bis zum 25. Oktober 2009 im Roten Ochsen zu besichtigen. Veranstaltungsbegleitend kann ein Katalog mit sämtlichen Bildern und Texten erworben werden. Roland Rittig bedankte sich insbesondere bei Klaus-Dieter Niemann und Helmut Kazimirek von der Künstlerhofstiftung für die gemeinsame Realisierung der Ausstellung.
Die Ausstellung ist bis zum 25. Oktober samstags und sonnstags 14 bis 17 Uhr geöffnet. Gegen 15 Uhr werden Kompositionen eingespielt.
aktualisiert von Thomas G. Marzian, 23.04.2010, 14:34 Uhr |