Die Bronzegrabmäler der Grafen von Henneberg
Schleusingen - Im Mittelalter waren sie mächtige Herrscher über große Ländereien südlich des Rennsteigs - das fränkische Adelsgeschlecht der Grafen von Henneberg. Zwar ist die Linie seit mehr als vier Jahrhunderten ausgestorben, doch verschwunden ist die Erinnerung an sie keineswegs. "Wir stoßen hier in Schleusingen immer wieder auf die Spuren der Henneberger", weiß auch Prof. Dr. Helga Neumann-Freyer.
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Prof. Dr. Helga Neumann-Freyer in Schleusingen Foto: Susann Winkel |
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Ob Schloss Bertholdsburg, die Ägidienkapelle der St. Johanniskirche oder das Hennebergische Gymnasium Georg Ernst, das die Kunsthistorikerin aus Wernigerode selbst absolvierte - die Grafen prägen mit ihrem Erbe das Aussehen der Stadt bis heute.
Bei ihrem Lichtbildvortrag am vergangenen Freitag im Künstlerhof "Roter Ochse" standen jedoch ausnahmsweise nicht die geschichtlichen, sondern die künstlerischen Hinterlassenschaften der Henneberger im Vordergrund. Nachdem im vergangen Jahr die Grabmäler der Schleusinger Linie im Original betrachtet und detailliert besprochen wurden, nahm Prof. Dr. Helga Neumann dieses Mal die Bronzegrabmäler der Nebenlinie Henneberg-Aschach-Römhild genau unter die forschende Lupe. Und die Wissenschaftlerin war begeistert: "Es handelt sich bei den Grabmälern in der Römhilder Stiftskirche um Werke von überragender kunsthistorischer Bedeutung!"
Das freistehende bronzene Standbild von Otto IV. und das aufwendig gestalteten Grabmal Hermann V. und seiner Gemahlin Elisabeth zeugen als Verbindung von spätgotischer Kunst mit Formen der Frührenaissance geradezu musterhaft für den Übergang vom Mittelalter zur Neuzeit. Und dazu entstammen sie, so ergaben Untersuchungen des 19. Jahrhunderts, der Künstlerwerkstatt des berühmten Nürnberger Erzgießers Peter Vischer des Älteren. Ein Glücksfall also in doppelter Hinsicht, der einmal mehr die einstige Stellung und die überregionalen Kontakte des Hennebergischen Geschlechtes dokumentiert. "Das sollten Sie sich doch auch einmal im Original ansehen. Römhild ist ja nicht weit entfernt von Schleusingen", forderte die Kunsthistorikerin ihre Zuhörer folgerichtig auf.
Unter denen befanden sich übrigens auch einige, die die Professorin noch aus Schulzeiten kennen - als Helga Freyer und ohne akademische Ehren. "Deshalb habe ich extra meinen Mädchennamen bei der Ankündigung des Abends verwendet. Für die Menschen in Schleusingen bin ich eben noch die Helga Freyer, der Nachname Neumann wird kaum jemanden etwas sagen." Im Anschluss an den einstündigen Vortrag vor kleinem, aber interessiertem Publikum blieb dann auch genügend Zeit, um in der einen oder anderen Erinnerung an die Schuljahre am Georg-Ernst-Gymnasium zu schwelgen. Und so schloss sich der Kreis. Denn schließlich war es der letzte Spross des Henneberger Geschlechts, der die vormalige Stadtschule auf Wunsch seines Vaters im 16. Jahrhundert zum Gymnasium erhob, das noch heute den Namen des Grafen trägt. win
aktualisiert von Thomas G. Marzian, 23.04.2010, 14:32 Uhr |